Hört und bestellt die neue LP von Jetzmann mit einer schönen Sammlung seiner Musik für die Bühne! Darauf auch viele Tracks, die er in den letzten 16 Jahren für Jenny Beyers choreografische Arbeit komponiert hat: Was für eine besondere Retrospektive!
https://aufabwegen.bandcamp.com/album/use-the-air
Asmus Tietchens über die Platte:
"Funktionale Musik - das ist Musik, die sich als Teil eines Ganzen versteht; das Ganze würde ohne sie eben nicht - funktionieren. Jetzmann komponierte die zwölf Stücke von „Use The Air“ mit zwei Ausnahmen für das Repertoire der Choreographin Jenny Beyer, eine wichtige Protagonistin des Zeitgenössischen Tanzes. Choreographie und Komposition entstanden in einem gemeinsamen Prozess und durchdrangen sich gegenseitig. Die Klarstellung halte ich für nötig, um nicht die Vermutung entstehen zu lassen, Jetzmann würde Fahrstuhlmusik (library music) oder schnöden Ambient komponieren. Denn diese besonderen Spielarten der funktionalen Musik sind alles andere als wechselseitige Prozesse, viel mehr zielen sie auf Beeinflussung und Überwältigung des Hörers ab.
Der skizzenhafte Charakter von Jetzmanns Musik täuscht. Tatsächlich ist sie sorgfältig durchgearbeitet, zeitliche Proportionen und Dynamik entsprechend der Choreographie (s.o.) sind präzise eingerichtet. Nur die Dauern der auf dieser LP zu hörenden Stücke musste Jetzmann notwendigerweise kürzen, so dass Miniaturen entstanden sind, die auch ohne getanzte Umsetzung - funktionieren. Nicht überbordender klanglicher Ballast, nicht Sound-Spielereien um ihrer selbst Willen, sondern Reduktion bei gleichzeitiger Vielfalt (Das widerspricht sich nicht!) interessiert Jetzmann. Nie zieht er sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Register; er beschränkt sich auf das ästhetisch Nötige, nicht auf das technisch Mögliche. Allein dafür kann man ihm nicht genug danken. Selbstverständlich nutzt Jetzmann elektronische Klangerzeuger, aber auch die Klänge und Geräusche elektronisch bearbeiteter Instrumente (z.B. Kontrabass, Klavier) und verfremdeter field recordings fließen in die Kompositionen mit ein. Kaum zu glauben, dass Jetzmann in den 80er und 90er Teil der Noise-Rock-Band „Die Erde“ und der Hiphop-affinen Gruppe „Mastino“ war. Das Blatt wendete sich langsam in Richtung Elektronik durch die Zusammenarbeit mit dem Hamburger Musiker CV Liqidski. Ihr 1997 erschienenes Album „go home, dotty harmony“ war ein erster, noch sehr rhythmischer Schritt in die weite Welt der Geräusche und abstrakten Strukturen. Ab Mitte der Nuller-Jahre gab es kein Zurück mehr - Jetzmann war in der Atonalität angekommen.
„Use The Air“ – Das sind zwölf sehr komplexe aber auch klanglich transparente Stücke elektro-akustischer Musik. Jetzmann weiß, dass ‚weniger = mehr‘ ist. Um ein Bild aus der Kunstgeschichte zu bemühen: Der - in diesem Fall elektronische - Historismus ist überwunden zugunsten einer Kunst ohne Ornamente und sentimentale Schnörkel. Dasselbe gilt für den Zeitgenössischen Tanz, zu dem Jetzmann „Use The Air“ beisteuerte. Funktionale Musik - das ist Musik, die sich als Teil eines Ganzen versteht."