DER KÖRPER ALS MEDIUM, DER KÖRPER ALS ERINNERUNG
Nach zwei großen Gruppenstücken (ENSEMBLE 2023 und ATTEMPTS OF TOGETHERNESS 2025), in denen sich Jenny Beyer mit kollektiven Entscheidungsprozessen auseinandersetzte, konzentriert sie sich nun auf ein Solo. In diesem Solo tanzt sie selbst, während ihr Gesprächspartner – ihr 2004 verstorbener Großvater Walter Beyer – abwesend ist. Walter Beyer wuchs in einem kommunistisch geprägten Arbeitermilieu in Hamburg auf und beteiligte sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am Widerstand u.a. durch das Verteilen von Flugblättern. Er wurde inhaftiert, in Arbeitslager verschleppt und überlebte nur durch die Hilfe von Mithäftlingen. Auch seine Schwestern und viele Freund*innen wurden verhaftet, einige ermordet. Das Solo von Jenny Beyer bewegt sich auf zwei Ebenen: einer dokumentarischen, die die Erinnerung an die NS-Zeit und deren heutige Relevanz thematisiert, und einer persönlichen, die sich mit der Auseinandersetzung der Künstlerin mit ihrem Großvater beschäftigt. Ihr Körper wird zum Medium der Erinnerung und zur Plattform für die Auseinandersetzung mit der Geschichte ihres Großvaters.
Im Solo „Zurück zu Ali“ (AT) geht Jenny Beyer zunächst in einen Prozess der Recherche und Reflexion. Ziel ist es, die Geschichte ihres Großvaters sowohl historisch als auch biografisch zu rekonstruieren. In einem zweiten Schritt wird sie sich damit auseinandersetzen, wie sie diese sehr persönliche Geschichte auf der Bühne zeigen möchte. Dabei stellt sie sich grundlegende Fragen: Welche Relevanz hat die Widerstandsbiografie ihres Großvaters für die heutige Zeit? Wie kann die Bühne als Ort der Wissensvermittlung genutzt werden? Und welche Rolle spielt ihre persönliche Beziehung zu ihm – kann sie stolz auf ihn sein, obwohl sie selbst nichts zu seinem Widerstand beigetragen hat?
"Die Fragen, auf denen das Solo aufbaut, sind: Was ist an der Geschichte von Opa Ali erzählenswert? „Was möchte ich weitergeben und warum? Warum erzähle ich nicht von meinem anderen Großvater, der Nazi war, oder tue ich das automatisch?“ Wie wird der Moment der Aufführung zu einem Erinnern an Widerstand im nationalsozialistischen Deutschland? Welche Geschichten kommen zum Vorschein, wenn biografische Zeugnisse (eher dokumentarischer Natur) und eigene Erinnerungen aufeinandertreffen? Teilen wir Geschichte oder teilen wir eher persönliche Erinnerungen?"
Tanz/Choreographie/Konzept
Jenny Beyer
Dramaturgie
Anne Kersting
Igor Dobričić
Musik
Jetzmann
Videoinstallation und -technik
Malwine Mangold-Volk
künstlerische Assistenz
Anngret Schultze
Produktion
Pamela Goroncy
Kerstin Henky
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Hark Empen
Kostüm
Gloria Brillowska
Licht
Henning Eggers
Bühne
Marian Regosz
Dialogpartner*innen
Verein Kinder des Widerstandes
Recherchepartner*innen
Chris Leuenberger
Nina Wollny
Mark-Christoph Klee
René*e Reith
u.a. tba
Premiere
25. März 2026 | Kampnagel Hamburg
weitere Vorstellungen
26.-28. März 2023 | Kampnagel Hamburg
ZURÜCK ZU ALI ist eine Produktion von Jenny Beyer in Koproduktion mit Kampnagel Hamburg, gefördert durch die durch die Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg im Rahmen von Shared Leadership in Dance (SLiD). SLiD ist ein Commitment zur Kollaboration sowie zur Teilung von Wissen, Ressourcen und Arbeit im Tanz, initiiert von den drei Choreograph*innen Jenny Beyer, Antje Pfundtner in Gesellschaft (APiG), Ursina Tossi und ihren Teams.